Dezember 2017
– Migrationserfahrung an der BBS Bad Neuenahr-Ahrweiler
Die Integration von geflüchteten jungen Menschen stellt für viele Schulen – vor allem aber für die berufsbildenden Schulen - eine Herausforderung dar. Trotz der Tatsache, dass das Thema Integration schon mehr als zwei Jahre nicht nur in der Politik, sondern auch an der Basis in den Schulen omnipräsent ist, hat sich in Rheinland-Pfalz noch keine umfassende strukturelle Unterstützung zur Realisierung von Integration im Unterricht etablieren können. Gerade die Lehrkräfte sehnen sich nach Strukturen, um adäquat und vor allem professionell mit den Herausforderungen in multikulturellen Klassen umzugehen.
An der Basis fallen häufig folgende Fragen auf: Wie kann die Schulkultur die Integration unterstützen? Welche Lernarrangements können die Lernenden bestmöglich fördern? Wie trete ich als Lehrkraft in Integrationsklassen auf und welches Auftreten und Verhalten fördert die Lehrer-Schüler-Interaktion?
Um diese Fragen drehten sich die Beobachtungen und Gespräche in der Veranstaltung „Sprachlosigkeit und Fremdsein – Migrationserfahrung an der BBS Bad Neuenahr-Ahrweiler“, die am 13. Dezember 2017 an der Berufsbildenden Schule des Landkreises Bad Neuenahr-Ahrweiler stattfand.
Die Veranstaltung der Fachleiterin Anna Wein-Miller ermöglichte 15 Studienreferendaren des Studienseminars Neuwied zum dritten Mal eine Begegnung mit den Lernern des BVJ Sprache. Anders als bei den vergangenen Malen wurden die Referendare jedoch von den Lehrkräften des BVJ Sprache eingeladen, an deren Unterricht teilzuhaben, sodass sie vertiefende Einblicke in die Arbeit mit Lernern verschiedener Herkunftsländer gewinnen und sogar selbst begleitend aktiv werden konnten. Besonders hervorzuheben ist, dass die gesamte Veranstaltung zusätzlich von David Spriewald, einem ausgebildeten DaF/DaZ-Lehrer und Klassenlehrer des BVJ Sprache, begleitet und bereichert wurde.
Bei einem leckeren Kakao und Kuchen, welcher in einem Integrationsprojekt von Frau Maack angeboten wurde, konnten sich die Referendare, Lehrkräfte der BBS BNA sowie ehemalige Lerner des BVJ Sprache über ihre Erfahrungen aus den Unterrichtsmitschauen austauschen. Besonders bereichernd waren an dieser Stelle die Stimmen der ehemaligen Lernenden, die aufzeigen konnten, was sich die Lernenden von den Lehrenden wünschen um eine bestmögliche Förderung zu erfahren. Hier wurden nicht nur Wünsche und Verbesserungsvorschläge geäußert, sondern auch ein großes Lob an die Lehrkräfte des BVJ Sprache ausgesprochen. Dies verdeutlicht das besondere Engagement des gesamten Teams um Frau Wein-Miller. Die Lernenden sowie die Referendare haben herausgestellt, dass vor allem die Lehrerpersönlichkeit eine entscheidende Rolle spielt, damit sich die Lernenden im Unterricht wohlfühlen. Die Lehrkraft sollte Verständnis für die Situation der Lernenden haben und nicht stigmatisierend, respektvoll, aufmerksam und hilfsbereit im Umgang mit den Lernenden sein. Die Lernenden wollen sich als gleichwertige Kommunikationspartner angenommen fühlen und wünschen sich eine Kommunikation auf Augenhöhe. Eine Lernende erläuterte, dass die Lehrkräfte zwar ruhig und langsam sprechen sollten, aber nicht so, als seien die Lernenden Kleinkinder. Vor allem, um die Lernenden in ihrer Individualität wahrzunehmen, brauchen die Lehrkräfte besonders feine Antennen. Deswegen sollten sie in ihrem Auftreten einen Mittelweg zwischen positiver Gelassenheit, einem lockerem Umgang und einem strukturierten Handeln finden. Hier gilt es, flexibel zu sein und situationsangemessen zu reagieren. Zudem stellte ein Lerner der BBS Bad Neuenahr-Ahrweiler heraus, dass er sich mehr Begegnungen in Form von gemeinsamen Veranstaltungen und Projekten mit anderen Klassen gewünscht hätte. Heute beherrscht er die Grammatik sehr gut, aber oft fehlen ihm die Vokabeln, um sich auszudrücken. Diese hätte er durch eine ungezwungene Arbeit an gemeinsamen Projekten mit Muttersprachlern ausbauen können. Im letzten Jahr wurden bereits gemeinsame Projekte und Fahrten wie ins Europahaus in Bonn oder zur Ausbildungsmesse nach Remagen realisiert. „Es passiert was, aber es geht immer mehr“, sagte Herr Spriewald in diesem Kontext. An dieser Stelle konnten die Referendare mit verschiedenen Ideen gut anschließen, sodass aus einem Abgleich der Wahrnehmung des Ist-Zustandes heraus perspektivisch Ideen für die Zukunft entwickelt werden konnten.
In Zukunft soll versucht werden, Klassen zu verschiedenen Themen oder Projekten vermehrt zu mischen und hier vor allem auf solche Themen und Bereiche einzugehen, die dem Interesse der Lernenden entsprechen. Beispielhaft könnte der Gedanke „Sport verbindet“ aufgegriffen werden. Lernende des BVJ Sprache könnten Lernpaten aus anderen Klassen zugeteilt werden und diese im Sportunterricht begleiten. Dieses Konzept hat sich an der BBS Montabaur bereits als erfolgsversprechend herauskristallisiert und wird von den Lernenden gut angenommen.
In einem abschließenden Blitzlicht konnte herausgestellt werden, dass eine angenehme, ungezwungene und lebhafte Lernatmosphäre unabdingbar für eine bestmögliche Förderung der Sprachkompetenz sind.
Anne Gasper / Carolin Specht für bbs-ahrweiler.de