Politik trifft auf Praxis
Fachschüler übergaben Vorschläge zur Pflegereform an MdB Nicole Westig (FDP)
Von links: Sven Schwarz, Ute Lobb, Nicole Westig (MdB), Anja Weischedel und die Pflegeschülerinnen und -schüler diskutieren in Bad Honnef über die Reform der Pflegeausbildung.
Altenpflegeschülerinnen und Altenpflegschüler der BBS des Landkreises Ahrweiler sprachen mit MdB Nicole Westig über die praktischen Herausforderungen ihres Berufsalltages und formulierten Anregungen für eine Verbesserung der Ausbildungssituation in der Pflege. Sie übergaben ihre Vorschläge der pflegepolitischen Sprecherin der FDP im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung bei der Pflege- und Gesundheitsmesse Sivita(l)
BAD HONNEF. Fragen dem Thema „Pflege“ und „Pflegeausbildung“ haben zurzeit einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert. Der oft beklagte Pflegenotstand im Zuge des demographischen Wandels und die Neugestaltung der Pflegeausbildung in Deutschland bieten viele Ansatzpunkte für lebhafte Diskussionen. Den Altenpflegeschülerinnen und Altenpflegeschülern der Klasse FS. Alt 17 A der Berufsbildenden Schule des Landkreises Ahrweiler war es ein Anliegen, ihre praktische Ausbildungserfahrungen mitzuteilen und Fragen zu formulieren, die sich, aus ihrer Sicht, durch die geplante Umgestaltung der Pflegeausbildung ergeben. Ein Treffen mit der Bundestagabgeordneten Nicole Westig (FDP) bei der Berufsbörse der Messe Sivita(l) in Bad Honnef bot ihnen die Gelegenheit ihre Ideen und Anregungen vorzutragen.
Bei der Begegnung in Bad Honnef traf Politik auf Praxis. Sie wurde zu einem interessanten Erfahrungsaustausch, denn die Pflegeausbildung befindet sich in einem umfassenden Umgestaltungs- und Reformprozess. Die Ausbildung soll „generalisiert“ werden. Vereinfacht ausgedrückt werden in Zukunft Altenpfleger sowie Kranken- und Kinderpfleger nicht mehr getrennt ausgebildet. Es wird dann allgemein ausgebildete Pflegerinnen und Pfleger geben, die in den unterschiedlichen pflegerischen Berufsfeldern eingesetzt werden.
Ein Berufsbild im Wandel
Für die angehenden Altenpfleger ist es von entscheidender Bedeutung, wie sich ihr Berufsbild in den kommenden Jahren entwickelt. „Was bleibt von der Altenpflege nach der Reform?“, ist eine entscheidende Frage, die sie bewegt. Auf der Basis der eigenen Praxiserfahrungen in den ambulanten und stationären Einrichtungen entwickelten sie mithilfe ihrer projektbetreuen Lehrer Sven Schwarz, Anja Weischedel und Ute Lobb eigene Reformideen und diskutierten mit der Parlamentarierin. Die Schüler formulierten ihre Anregungen zur Reform der Pflegeausbildung, die sie dann in ihrem „Pflegereformhaus“ sammelten.
Die Altenpflegeschüler Florian Kurth und Moritz Höhn (Foto) übergaben das „Haus“ mit ihren Ideen und Forderungen zu Beginn des Gedankenaustauschs an die Bundestagsabgeordnete, die als pflegepolitische Sprecherin der FDP dem Gesundheitsausschuss des Bundestages angehört. „Dieses Haus steht sinnbildlich für die Reform der Gesundheits- und Alten-pflegeausbildung. Wir haben als Klasse mehrere Themen und Fragestellungen, die uns sehr beschäftigen, zusammengetragen, um dieses Haus zu füllen“, erklärten die Schüler. Sie hatten sich damit beschäftigt, welche Eigenschaften ein Auszubildender in der Alten- und Krankenpflege mitbringen sollte, warum die Schüler ihren Beruf gerne ausüben und welche Missstände es aktuell in der Pflege gibt. Die Parlamentarierin versprach, diese Impulse und Anregungen für die Beratungen des Gesundheitsausschusses mitzunehmen. In der anschließenden Diskussion, die von ihrem Lehrer Sven Schwarz moderiert wurde, vermittelten die Schüler authentische Einblicke und persönliche Erfahrungen in die Ausbildung der Pflegeberufe. Die Schülerin Therese Jansing sprach die Praxistauglichkeit einer allgemein ausgerichteten Pflegeausbildung an. „Können die so ausgebildeten Alleskönner wirklich alles?“, lautete ihre Frage. Diese Problemkreise und die Ausbildungsqualität in den Betrieben und eine bessere Abstimmung der praktischen und theoretischen Ausbildung bestimmten den Gedankenaustausch.
Anregungen von Pflegeschülern
Diskutiert wurde auch über Sinnhaftigkeit der geltenden gesetzlich geregelten Zeitrichtwerte für Pflegeleistungen. Nicole Westig sprach sich für eine gezielte Nutzung der Digitalisierung zur Entlastung der Pflegenden von administrativen Arbeiten zugunsten ihrer Arbeit am Menschen aus. Als ein Ergebnis des Gesprächs mit den Schülerinnen und Schülern betonte sie nach der Diskussion: „Auch bei der Ausbildung besteht Handlungsbedarf. Pflegeschülerinnen und -schüler müssen mehr und bessere Praxisanleitung bekommen“. Einig waren sich die Schüler und der Politikerin über den gesellschaftlichen Stellenwert der Pflege. Mit Blick auf die angespannte Personalsituation in vielen Pflegeeinrichtungen erklärte sie „Menschen, die in der Pflege tätig sind, benötigen mehr Anerkennung und Wertschätzung, die sich auch in einer angemessenen Bezahlung niederschlagen muss“. Konsens bestand auch darüber, dass im Rahmen der Neuausrichtung der Pflegeausbildung eine enge Verzahnung von theoretischen und praktischen Inhalten sowie der berufsschulischen und betrieblichen Ausbildung erreicht werden sollte.
Die liberale Parlamentarierin betonte, dass eine offensive Interessenvertretung der Pflegeberufe dazu beitragen könne, dies Berufsfeld attraktiver zu machen. Pflegekammern könnten in diesem Kontext eine positive Rolle bei der Gestaltung des Berufsfeldes spielen. Zum Abschluss des Gedankenaustauschs dankte die Lehrerin Anja Weischedel der Bundestagabgeordneten für die Bereitschaft zu diesem intensiven Gedankenaustausch mit den Pflegeschülern, die sich durch die Vorbereitung auf dieses Treffen mit den Problemlagen ihres Berufs und denen der anstehenden Reform der Ausbildung auseinandersetzten. Sven Schwarz dankte im Namen der Schüler für die wertvolle Erfahrung, wie im demokratischen Prozess die Rahmenbedingungen des Ausbildungs- und Berufsalltags politisch gestaltet werden und wie man sich in diesen Prozess als Bürgerin oder Bürger einbringen kann.